Montag – Mittlerweile sind wir seit zwei Wochen im Krankenhaus. Lottas Leberwerte sind erhöht uns sie sieht aus wie ein kleiner gelber Minion. Die kreislaufstabilisierenden Medikamente werden reduziert. Das Röntgenbild der Lunge zeigt immer noch Schatten. Die Antibiotika wurden von sechs verschiedenen auf drei verschiedene reduziert. Es war keine ZVK-Sepsis. Woher die erhöhten Entzündungswerte kommen, ist weiter unklar. Die Beatmung ist stabil. Die Medikamente zur Sedierung werden zur Nacht halbiert und morgen früh komplett ausgeschaltet. Lotta soll wacher werden, um zu sehen, ob sie selbstständig atmet.
Dienstag – Heute morgen unter HFO sieht es so aus, als versuche sie alleine zu atmen. Die Beatmung wird umgestellt und nochmal ein Röntgenbild gemacht. Es ist jetzt ganz leise im Zimmer und ich höre jeden mechanischen Atemzug. Von Anfang an muss Lotta mehrmals am Tag inhalieren. Die letzten Male reagierte sie sehr heftig darauf und entgleiste mit Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und CO2-Ausstoß. Die Inhalationen werden ab sofort ausgesetzt. Das Röntgenbild zeigt, dass die Lunge wieder ein bisschen eingefallen ist. Der Druck wird nochmal erhöht. Bei jeder Änderung an den Infusionen, Lagerung und Windelwechsel reagiert Lotta ganz empfindlich mit ihrem Blutdruck, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Ich halte jedes Mal die Luft an und denke alles wird gut.
Donnerstag – Die Sedierung ist jetzt ganz aus und wir warten auf eine Regung von Lotta. Die entwässernden Medikamente wurden erhöht, da sie wieder einlagert. Der Dünndarm arbeitet, Dickdarm und Magen noch nicht. Die Gallenblase ist voll. Die Leberwerte sind wieder gestiegen und die Entzündungswerte stagnieren. Die Leber sieht im Ultraschall in Ordnung aus, Wasser ist auch nicht mehr im Bauchraum. Sie bekommt nun Schilddrüsenhormone. Mit der Beatmung kommt sie derzeit klar. Das Herzchen pumpt weiter gut. Ob eine Nachricht gut oder schlecht ist, mag ich gar nicht mehr beurteilen.
Freitag – Juli ist da. Es geht einen Schritt vor und zwei zurück. Die Entzündungswerte und auch die Leberwerte sind wieder gestiegen. Die Ärzte entscheiden erneut alle Katheter zu ziehen. Den Blasenkatheter braucht sie nicht mehr. Pipi machen funktioniert. Der Arterienkatheter war praktisch, aber wird zunächst nicht neu gelegt. Nur ein neuer ZVK wird in den Arm gelegt. Es klappt beim zweiten Versuch. Ich genieße es, Lotta nun wieder ohne Schläuche zu wickeln. Sie rührt sich immer noch nicht und ich merke, dass Ärzte und Schwestern bzw. Pfleger deswegen unruhig werden.
Ein EEG wird geschrieben. Ich schaue auf den Bildschirm und sehe kaum Hirnaktivität. Sofort denke ich an Hirntod. Nachdem das EEG geschrieben ist, gehe ich kurz raus. Ich will keine Panik machen und bin hin und her gerissen, ob ich es Juli sagen soll. Ich entscheide mich dafür und er sagt er habe auch gesehen, dass wenig los sei. Draußen vor Lottas Zimmertüre zieht der Neurologe gerade Kittel, Mundschutz und Handschuhe an. Wir erwarten das Schlimmste, doch der Neurologe sagt es sei kein Hirntod-EEG. Er bestätigt uns, dass sehr wenig los sei, aber die Sedierung sei erst seit gestern komplett aus. Das EEG dürfe noch so aussehen. Mehr Aufschluss würde uns das MRT geben, welches für Montagmorgen geplant ist. Juli und ich sind ein wenig erleichtert.
Lottas Kreislauf ist stabil, auch ohne Medikamente. Dafür fällt die Beatmungsmaschine zwischendurch aus. Möglicherweise wegen eines zu nassen Filters aber auch der Tubus könnte verlegt sein. Der Tubus wird einen Zentimeter rausgezogen, da er zu tief liegt.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag schläft Juli bei Lotta im Zimmer. Ich schlafe in unserem Zimmer auf der Nachbarstation. Wir schlafen beide nicht gut. Die Beatmungsmaschine fällt erneut aus, vermutlich weil der Tubus verlegt ist. Immer wenn die Maschine ausfällt, macht Lotta ein paar Atemzüge selber.
Sonntags bin ich mit unserem Großen verabredet. Großer-Mama-Zeit – Wir gehen ins Kino. Es ist toll und wir haben sehr viel Spaß. Der Große fragt mich, ob Lotta schon aufgewacht sei. Ich sage, dass sie noch schlafe und dass morgen ein Bild von ihrem Kopf gemacht würde und wir uns anschauen wie es darin aussehe. Er möchte das Bild sehen. Juli und ich machen Übergabe im Parkhaus. Er fährt mit dem Großen nach Hause und ich gehe zurück zu Lotta. Seit mittags lässt sich kein Mageninhalt mehr aspirieren. Wir können nicht glauben, dass sie plötzlich alles verdaut, da sie zuletzt immer ca. 70 ml Magenreste hatte. Und tatsächlich liegt die Magensonde nicht richtig.
Die Nacht ist unruhig. Mehrere Male gibt es Probleme mit der Beatmung. Es geht keine Luft in Lotta. Zuerst alarmiert die Beatmungsmaschine. Ich schaue auf ihren Brustkorb, der sich nicht mehr hebt. Dann klingele ich, noch bevor die Sauerstoffsättigung fällt. Diesmal liegt es wieder am Tubus. Denn nicht jedes Mal muss Lotta mit dem Ambu-Beutel beatmet werden. Manchmal geht plötzlich wieder etwas rein. Es ist sehr aufregend und ich habe immer ein Auge auf Lotta. Das Röntgenbild zeigt, dass der Tubus immer noch zu tief liegt.