Einen Kita-Platz für ein gesundes Kind zu finden ist mitunter schwierig, aber eine Lösung für ein behindertes Kind zu finden, dass aufgrund einer Immunschwäche in den Herbst- und Wintermonaten überwiegend keinen Kindergarten oder eine Tagespflege besuchen kann, scheint eine große Herausforderung zu sein. Wir führten Gespräche mit Kindergarten, Sozialamt und Jugendamt. Einmal hatten wir sogar einen runden Tisch mit allen Beteiligten. Alle waren sehr nett, offen und bemüht. Lotta ist ein Fall, den es noch nicht gab.
In unserer Wunschvorstellung haben wir eine Einzelfallhilfe, die Lotta sowohl zuhause betreut, als auch an guten Tagen, an denen das Umfeld es zulässt, die Kita besucht. Der Kindergarten wäre unter dieser Voraussetzung bereit Lotta aufzunehmen.
Als wir gemeinsam am (runden) Tisch saßen, Lotta im Blickfeld, schienen alle sehr bemüht eine Lösung zu finden. Die Mitarbeiterinnen vom Sozialamt wollten prüfen inwiefern sie uns bzgl. unserer Wunschlösung entgegen kommen können. Die Mitarbeiterin des Jugendamts wollte prüfen inwiefern man die Aufnahme von Lotta, einem schwerbehinderten Kind mit Immunschwäche, Epilepsie und diversen Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit Gefahr einer Anaphylaxie, für eine Tagesmutter „lukrativer“ gestalten kann. Eine Tagesmutter könnte neben Lotta keine weiteren Kinder betreuen. Denn zum einen kann es jederzeit zu einem medizinischen Notfall kommen, zum anderen ist die Ansteckungsgefahr für Lotta einfach zu groß.
Eine ausgelernte Tagesmutter bekäme für Lotta den 2-fachen Satz bzw. den 2,5-fachen Satz* nach Absolvierung einer weiteren Fortbildung. Diese Inklusionsfortbildung dauert ca. 160 Stunden, verteilt auf ein Jahr und ist Voraussetzung für die Betreuung eines behinderten Kindes. Zum Vergleich: Für ein behindertes oder von Behinderung bedrohtes Kind bekäme der Kindergarten einmalig 5000 € vom Landschaftsverband (Fink-Richtlinien), eine Pauschale von 3,5 und eine Gruppenstärkenreduzierung, zusätzlich zur Einzelfallhilfe. Dabei wird nicht unterschieden, ob das Kind verhaltensauffällig, sozial-emotional auffällig, körperlich oder geistig behindert ist.
Wir hatten einen tollen Plan mit einer liebevollen Betreuung für Lotta, zu der wir großes Vertrauen haben, die sogar gelernte Erzieherin ist. Aber trotz der Bemühungen aller Beteiligten war es nicht möglich, eine Lösung jenseits der Standards zu schaffen.
Die Absage des Sozialamts zu unserer Wunschlösung lautete: Die Leistung einer Einzelfallhilfe in Kindertagesstätten gemäß §53 ff SGB XII ist eine Leistung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das heißt, eine Einzelfallhilfe ist immer einrichtungsgebunden. Bei einer zeitweisen Betreuung Zuhause (oder selbst einem Spielplatzbesuch oder Spaziergang) würde keine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht.
Lotta braucht aufgrund ihrer Behinderung und medizinischen Vorgeschichte eine eins-zu-eins-Betreuung bei uns zuhause. Ich gehe seit Anfang des Monats wieder arbeiten. Aktuell hat Juli Elternzeit, doch was ist danach? Wir haben nun das Jugendamt gebeten eine geeignete Betreuung für Lotta anzubieten, die die von dort geforderten Rahmenbedingungen erfüllt.
UND, es hat sich wohl schon eine erfahrene Tagesmutter gefunden, die sich die Betreuung von Lotta zutraut. 🙂 Wir hoffen sie bald kennen lernen zu dürfen. Es bleibt spannend…
Viel Glück dabei! Hoffentlich findet ihr zeitnah eine Lösung. Daumen sind gedrückt!
Er freut uns sehr zu lesen, dass Ihr auf einem guten Weg zu einer guten Lösung seit.
Trotzdem finde ich es sehr SCHADE dass “ Teilhabe“ so unterschiedlich definiert wird.
Die Möglichkeit für Lotta mit einer Einzelfallhilfe“ an guten Tagen“ zeitweise eine Kita zu besuchen…“an schlechten Tagen“ zu Hause betreut zu werden und Spaziergängen in die Stadt zu genießen oder einen Spielplatz besuchen können, wäre Teilhabe.
Die Teilhabe ist seit über 11 Jahren in der UNBK
(Behindertenrechtskonvention) gesetzlich festgeschrieben.
….beinhaltet- neben der Bekräftigung-….Teilnahme am kulturellen Leben….Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben….