Noch drei Tage bis Weihnachten. Manche würden sagen „Die schönste Zeit des Jahres“.
Schon als kleines Kind habe ich Weihnachten geliebt. Ich erinnere mich an die große Vorfreude, wenn die Glastür zum Wohnzimmer mit Bettlaken zugehängt wurde und wie meine Schwester und ich versuchten trotzdem etwas zu sehen. Es gab einen „großen“ Spaziergang oder eine Fahrradtour mit Papa, während Mama und das Christkind fleißig den Weihnachtsbaum schmückten und alles vorbereiteten. Kurz vor der Bescherung besuchten wir einen Weihnachtsgottesdienst mit Krippenspiel und welch große Augen machten wir, wenn das Bettlaken abgehängt wurde und wir den strahlenden Baum und die Geschenke sahen. Wir aßen zusammen mit Oma Margot, Opa Sepp, meiner Tante und meinem Onkel. In Erinnerung blieben mir auch die leckeren Kirschen, die Oma Margot und Opa Sepp am Abend für uns Kinder mitbrachten.
Dann am ersten Weihnachtstag hatte meine Oma Christel Geburtstag. Wir machten einen schönen Weihnachtsspaziergang und verbrachten den ganzen Tag bei ihr, meinem Opa Peter, meiner Tante, meinem Onkel, Cousin und Cousine. Es gab einen Teller mit bunten Süßigkeiten, leckeres Essen, schöne Geschenke und Selbstgebasteltes und oft auch eine Runde Canasta. Das Weihnachten meiner Kindheit – wie im Bilderbuch.
Im letzten Jahr verstarb meine Oma Christel und unser Weihnachten konnte nicht mehr unser Weihnachten sein. Ich vermisse meine Oma und ich weiß auch der Rest der Familie tut es. Und so versuchten wir letztes Weihnachten eine neue Tradition zu schaffen. Wir luden am 1. Weihnachtstag unsere gesamte Familie und Freunde zu uns nach Hause zu einer großen Weihnachtsparty ein. Es war schön alle beisammen zu haben. Rückblickend war es perfekt, denn es war Lottas letztes Weihnachten und in diesem Jahr wäre so etwas undenkbar.
Zu Weihnachten möchte man mit seiner Familie, mit seinen Lieben zusammen sein und besinnt sich auf das Wichtigste im Leben. In den letzten Wochen wurde ich daher sicher häufiger gefragt wie es mir denn nun ginge.
Lotta fehlt mir, aber nicht mehr als an jedem anderen Tag in diesem Jahr. Ja, ich denke aktuell mehr an sie, denn vor einem Jahr um diese Zeit hat sie noch gelebt. Nach dem aufregenden Jahresende 2018 kamen wir gerade frohen Mutes von einer Untersuchung aus dem Krankenhaus, Lotta erhielt seit einigen Wochen Immunglobuline und wir freuten uns auf die bevorstehenden Weihnachtstage.
Mein Smartphone schlägt mir täglich Fotos aus den letzten Jahren vor und dort schaut mich unser Lottakind oft lachend, manchmal kritisch oder verträumt an. Wir haben die Zeit mit ihr genossen und ihr so viel Liebe gegeben wie wir konnten. Jetzt bleiben uns wundervolle Erinnerungen an die Zeit mit ihr. In unserem Baum erinnern uns Lottas Wunschzettel der letzten beiden Jahre und ihre Engel-Weihnachtskugel an 647 besondere Tage.
Unser Großer erzählte gestern, dass er glaube, dass es eine Verbindung zwischen Himmel und Erde gebe. Und dass Lotta bei uns sei, wenn sie wolle; wir sie aber nicht sehen könnten. Ich mag diese Vorstellung. Lotta wird auch in diesem Jahr bei uns sein und mit uns Weihnachten feiern.
Vor einiger Zeit las ich von einem schönen Ritual für Weihnachten. Vielleicht kennt der ein oder andere „Die Lücke im Baum“ von Wolfgang Teichert. Ich freue mich schon darauf an Heiligabend ein Loch in unseren „perfekten“ Weihnachtsbaum zu schneiden, den Ast auf Lottas Grab zu legen und für sie eine Kerze anzuzünden.
Weihnachten 2020 wird für uns alle vielleicht nicht unbedingt bilderbuchreif, aber ich wünsche euch und uns, dass wir trotz aller Besonderheiten schöne und glückliche Tage erleben.
Frohe Weihnachten! Passt auf euch und eure Lieben auf!
Die Lücke im Baum (von Wolfgang Teichert)
Dietrich Bonhoeffers Schwester Sabine berichtet von einem Ritual aus ihrem Elternhaus: „Weihnachten 1918 ist alles sehr schwer. Unser Bruder Walter fehlt. Er, der zweitälteste Sohn meiner Eltern, ist am 28. April 1918 als achtzehnjähriger Fahnenjunker im Westen gefallen. Eine schreckliche Lücke ist nun da, und sie bleibt offen. An diesem Weihnachtstag sagt unsere Mutter: ‚Wir wollen nachher hinübergehen.‘ Das Hinübergehen heißt, wir gehen alle auf den Friedhof. Mama und Papa sind vorher noch einmal ins Wohnzimmer gegangen und haben einen Tannenzweig vom Baum geschnitten mit einem Licht und Lametta und nehmen diesen Weihnachtszweig für das Grab von Walter mit. Auch in den folgenden Jahren ist es zu Weihnachten bei diesem Friedhofsgang geblieben.“ Weihnachten hatte sein „Heilsein“ verloren, wie das Loch im Baum allen zeigte.
Die Lücke war nicht verleugnet. Sie wurde nicht überdeckt. Zugleich gab es für die Eltern und die anderen Geschwister eine Verbindung vom Baum zum Grab, von Feier zu Friedhof.
Manche Trauernden haben dieses Ritual der Bonhoefferfamilie dankbar aufgenommen und inzwischen selber gestaltet. Sie berichten, es habe ihnen geholfen, Tod und Leben in Beziehung zu bringen, ohne dass sie Weihnachtsstimmung heucheln mussten. Auch Kinder verstehen dieses Ritual. In einer Familie hat der kleine Bruder des gestorbenen älteren Bruders ein Bild in die Lücke des Baumes gestellt. „Für Klaus“, hat er gesagt. Das Bild ist dort geblieben, bis der Weihnachtsbaum vertrocknet war.“
Ihr Lieben,oft denke ich an Euch, an meinen kleinen großen Freund, der sicher nicht mehr so klein ist wie 2019 auf dem Familientag, an das Pusteblümchen Lotta, an Euch beide.Lotta und Ihr habt einen festen Platz in meinem Herzen. Danke für Deine Gedanken und diese wunderbare Idee mit dem Tannenzweig. Alles Liebe für Euch Eure Dani von WwG
Wir haben schon die Lücke im Baum – machen das jedes Jahr und die Junioren wissen um die Tradition, fordern sie sogar ein.
Eine gute besinnliche Zeit wünsche ich euch von ganzem Herzen.
Liebe Steffi, das wohl schönste Weihnachtsgeschenk, das wir haben, sind unsere Lieben, auch wenn sie nicht bei uns sind. Fest verpackt in unseren Herzen verschönern sie jedes Fest. Ich wuensche euch froehlche Weihnachten und viele kleine Glücksmomente, an denen ihr an eure kleine Lotta denkt. LG Swantje
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