Das Leben ist nicht perfekt. Es ist nicht immer so wie wir es uns vorstellen oder wie wir es uns wünschen. Manchmal ist es nicht fair. Manchmal ist es traurig. Manchmal ist es grausam. Und manchmal gibt es keine Antwort auf die Frage „Warum“.
Ich werde oft gefragt wie es uns jetzt geht, ohne Lotta. Man sollte doch meinen, dass wir uns nach sieben Monaten daran gewöhnt haben ohne sie zu sein. Es wäre schön, wenn das so einfach wäre…
Gedanken im Juni 2020
„Es ist Abend. Ich sitze auf der Veranda unseres Strandhäuschens und wünschte du wärst noch bei uns. Du würdest jetzt oben im Bett schon tief und fest schlafen. Ich fühle die warme Sonne im Gesicht, schließe die Augen und denke an dich. Ich stelle mir vor du wärst jetzt hier.
Zusammen mit deinem großen Bruder sitzt du im Bollerwagen und freust dich. Deine großen blauen Augen strahlen, als du das Meer siehst. Du bist auf meinem Arm und wir vier gehen den Strand entlang. Zusammen malen wir unsere Namen in den Sand. Den Namen unseres Großen, Steffi, Juli, und Lotta. Irgendwann machen wir eine Pause. Ich denke daran, wie du in einem, für dich, viel zu großen Stuhl liegst und wie so oft über den Quatsch deines Bruders lachst. Ich höre dein lustiges Lachen. Du entdeckst Pferde, Hunde und Surfer am Strand und beobachtest sie aufmerksam. Ich spüre dein Gewicht auf meiner Brust und streichle über deinen zarten Kopf. Deine weichen Haare kitzeln mein Gesicht. Ich öffne die Augen und immer noch fühle ich die warme Sonne in meinem Gesicht, aber auch Tränen, die über meine Wangen laufen, weil du nicht da bist wo ich dich gerne hätte.„
Es fällt mir leicht meine „starke“ Seite zu zeigen, wie wir unser Leben weiter leben trotz Umständen, die alles andere als perfekt sind. Mir geht es besser, wenn ich optimistisch bin und mir die guten Seiten rauspicke. Aber ja, auch ich habe Momente in denen ich sehr traurig bin. Tage an denen mich Erinnerungen an Lotta zum Weinen bringen. Eine Autostrecke, ein Foto, ein Rettungswagen, der mit Blaulicht durch die Straße fährt, ein Gespräch, Bilder von Intensivstationen im Fernsehen oder auch der Gedanke daran wie es hätte sein können, wenn sie es geschafft hätte. Es vergeht kein Tag an dem ich nicht an unser Lottakind denke.
Viele Menschen fragen uns auch wie es unserem Großen geht. Ich möchte nicht viel dazu schreiben, aber um die Frage in Kürze zu beantworten: Er ist toll. Er kann sehr gut seine Gefühle benennen. Und das nicht nur uns, sondern auch seinen Freunden gegenüber. Das hilft uns und ihm sehr. Natürlich hat auch der Große seine traurigen Momente. Momente in denen er Lotta vermisst oder in denen er Angst hat sie zu vergessen. Wir versuchen ihn dann in seiner Trauer zu unterstützen, schauen uns Bilder und Videos an, sprechen über Lotta und bestärken ihn darin es zuzulassen traurig zu sein. Wichtig ist uns aber, dass alles von ihm ausgeht. Er muss nicht über sie sprechen, er muss nicht ihr Grab besuchen und er muss sich keine Fotos anschauen.
Tatsache ist, Lotta wird uns allen für immer fehlen. Sie ist nicht da wo sie sein sollte, bei uns. Und trotzdem glaube ich fest daran, dass aus etwas Schlechtem auch etwas Gutes entstehen kann. Was es ist, wird die Zeit zeigen.
Liebe Steffi,
in den letzten Tagen habe ich sehr intensiv an dich und Lotta und deine kleine Familie denken müssen. Ich glaube, dass der Schmerz über den Verlust eures Lottakindes nie vergehen wird. Aber genau so werden auch die schönen Momente mit ihr, wie ihr sie ja bei gemeinsamen Strandurlauben erlebt habt, im Gedächtnis bleiben, ihr Lächeln und das Wissen darum, dass das Leben, in welcher Form auch immer, unsere Wertschätzung verdient. Fühlt euch umarmt von Ulla.
Liebe Steffi, Deine Worte berühren mich sehr – sie kommen aus tiefstem Herzen und es ist bewundernswert, wie Du uns daran teilhaben lässt – es macht die eigenen Gefühle und das Geschehen der Dinge so erträglich, die uns manchmal mutlos werden lassen… Trauer ist ein Zustand, der gelebt werden kann, ohne zu zerstören – Du, Juli und der große Bruder Ihr seid der Beweis dafür – dass es einfach ist, hast Du nicht gesagt….Ich denke oft an die kleine Lotta und bin sehr glücklich, dass ich sie kennenlernen durfte. Von ❤ zu ❤ – Andi
Liebe Steffi,
ich habe lange deinen Blog mitgelesen, ohne mich zu Wort zu melden. Aber nun will ich nach vielen Jahren auch mal ein paar Sätze loswerden: Es ist ganz toll, wie Ihr mit diesen schwierigen und in unserer Gesellschaft tabuisierten Themen wie Schmerz, Behinderung, Tod und Trauer umgeht. Ich glaube, es hilft sehr, darüber zu sprechen und Gefühle zuzulassen.
Davon abgesehen habe auch ich in den letzten Jahren/Monaten Deine kleine Familie virtuell begleitet und bin von deiner Einfühlsamkeit sehr geflasht und mitgerissen durch die gesamte Spannbreite der Gefühlswelt, die Du hier offenlegst.
Alles Gute für den großen Bruder, Juli und Dich – und auch für die kleine Lotta, die nichtmal ich vergessen werde.
Alles Liebe
Steffi
(damals in Q30)
Liebe Steffi – auch ich habe viele Tage, an denen ich an Euch denke…wegen den Fotos in meiner Fotogalerie auf meinem Handy, mit denen wir eine Collage gebastelt hatten, aber auch wegen einem kleinen Karton mit einem Brief, der seit der Beerdigung bei uns steht und ich so unsicher bin, wann ein guter Augenblick sein könnte, Euch den zu geben – ohne vielleicht wieder an was zu rühren. Aber der Augenblick kommt, ich habe darum gebetet und dann wird es der richtige sein. Wir denken an Euch <3